Dienstag, 31. Dezember 2013

"Bridge Club" Episode 3



Kapitel III
- Bridge Club - 

Ich öffne gerade den letzten Karton, da klingelt das Telefon.
Will: „Clark?“
Lenny: „Will, hab grad mit dem Manager vom Club telefoniert. Er meinte, dass du heute um 20:00 Uhr vorbeikommen kannst.“
Will: „Hey klasse Lenny! Dann werd ich mich mal mental drauf vorbereiten.“
Lenny: „Jup, mach das. Und versau es nicht!“
Will: „Ich werd mein Bestes geben!“
Lenny: „Na dann brauch ich mir ja keine Sorgen machen. Viel Glück heut Abend!“
Will: „Danke Lenny, bist ein echter Freund!“
Lenny: „Dann mach´s mal gut und sag mir Bescheid, wie es gelaufen ist.“
Will: „Mach ich! – Ciao!“
Nachdem ich das Telefon zurück gelegt habe, gehe ich die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Dort öffne ich die Balkontür und laufe bis ans Geländer des kleinen Balkons. Ich zünde mir eine Zigarette an und genieße die Aussicht auf die Innenstadt, welche in circa zehn Kilometer Entfernung vor mir liegt. Irgendwo da draußen soll auch Caroline´s und mein neuer Arbeitsplatz sein. Ich ziehe an meiner Kippe.
Plötzlich steht Caroline neben mir und zündet sich auch eine Zigarette an. Sie trägt nur ein weißes Handtuch und ihre Haare sind noch ganz feucht.


Caroline: „Du weißt noch nicht, wie es für dich weiter geht, oder?“
Will: „Nein, und das gibt mir ehrlich gesagt zu Bedenken…“
Caroline: „Das wird schon, wir müssen uns nur erst einmal einleben, wirst schon sehen!“
Will: „Ich hoffe du behältst wie immer Recht. Wie war denn dein erstes Meeting heute?“
Caroline: „Ey, das war richtig klasse! Ich glaube ich habe einen richtig guten ersten Eindruck hinterlassen. Hab denen gleich meinen Vorschlag für diese neue Software gesteckt. Du glaubst es nicht, aber die waren richtig begeistert!“
Will: „Freut mich, dann hoffe ich mal, dass es nachher bei mir genauso gut verläuft – Um acht muss ich da sein.“


Inzwischen ist es halb acht. Draußen ist es noch herrlich warm. So warm, dass man noch gut in kurzer Hose unterwegs sein kann. Da ich aber für ungewisse Zeit im Club sein werde, entschließe ich mich, eine normale Jeans und ein T-Shirt anzuziehen. Ich ziehe meine Jacke von der Garderobe und nehme den Autoschlüssel vom Haken.
Will: „Schatz, ich bin dann mal weg.“
Caroline: „Alles klar, viel Glück und pass auf dich auf.“
Will: „Danke – Ich liebe dich!“
Caroline: „Ich dich auch!“

Ich gebe Caroline einen Abschiedskuss und verlasse das Haus. Meine Jacke schmeiße ich auf den Beifahrersitz im Auto. Ich schnalle mich an, stecke den Schlüssel ins Zündschloss, drehe ihn um und verlasse die Hofeinfahrt. Auf der Hauptstraße angekommen schalte ich von Radio, auf CD um. Track 14 – Mein Lieblingssong! Gut gelaunt singe ich lautstark mit.
Will: „Hier muss es irgendwo sein!“
Ich hoffe ich habe mich nicht verfahren. Ich schaue kritisch auf die Uhr um festzustellen, dass ich die Zeit ganz schön knapp berechnet habe.
Da ist es! Geschafft! Ich setze den Blinker rechts und biege in eine enge Seitenstraße ein, in der ich das Auto vor ein paar Müllcontainern zum Stehen bringe. Ich ziehe die Handbremse an, lege den ersten Gang ein, schalte den Motor aus und steige aus dem Wagen. Ich schaue nochmal auf die Uhr – gut! Ich habe doch noch genug Zeit. Also greife ich in meine linke hintere Hosentasche und hole meine Schachtel Zigaretten heraus.
Wo ist mein Feuerzeug? Ich durchsuche meine Taschen, kann es aber nirgends finden. Verdammt, ich muss mich gleich vorstellen und kann vorher noch nicht mal eine rauchen. Ich schaue durch das Fenster von Caroline´s Coupé.
Auf dem Beifahrersitz, halb unter meiner Jacke kann ich es dann entdecken. Es muss wohl aus der Jackentasche gerutscht sein, als ich die Jacke ins Auto geworfen habe. Ich schließe das Auto also nochmal auf, nehme das Feuerzeug und mache mir mit dem vierten Versuch die Zigarette an. Hektisch ziehe ich ein paar Mal an dem kleinen weiß-orangenen Giftstab und schnippe ihn nach nicht einmal der Hälfte weg. Irgendwann sollte ich das Rauchen aufgeben…
Ich laufe um das Gebäude, welches von außen her in meinen Augen nicht gerade als Club erkennbar ist. Über  der Eingangstür hängt ein längliches, gelb leuchtendes Schild, auf dem in senkrechten, rot schimmernden Buchstaben „Bridge Club“ zu lesen ist. Ich gehe hinein und befinde mich in einer recht schmalen Lobby, in der am Ende, an einer weiteren Tür zwei Männer stehen.
Ivo: „Abend, dein Ausweis!“
Ich hole meine Brieftasche aus meiner linken, vorderen Hosentasche, nehme meinen Ausweis heraus und zeige ihn dem Türsteher, welcher von seiner Größe und seiner Breite höchstwahrscheinlich Probleme hat, durch die engen Türen zu passen.
Der andere ist eher klein und ziemlich pummelig. Er hat schwarze, lange Haare, trägt eine Sonnenbrille und ein Headset.
Ivo: „Du wirst schon erwartet. Geh´ einfach durch die Tür hier und immer an der rechten Wand entlang. Da kommst du dann am Ende der Tanzfläche an einen Aufzug. Fahr einfach nach oben. Von da aus wirst du dann zum Chef gebracht.“
Will: „Danke, werd´s schon finden.“
Ich gehe durch die schmale Holztür, vorbei an den beiden Türstehern, in den Hauptraum des Clubs. Erstaunt sehe ich mich in dem großen Raum, dessen Decke unendlich hoch erscheint und in dem die Dunkelheit nur durch das Lichtspiel der Scheinwerfer- und Laseranlagen vertrieben wird, um. Fünf Meter über dem Boden, an der Rückwand des Raumes sind riesengroße Spiegel angebracht. Glatte Fliesen, in einem dunklen, marmorierten Farbton, bilden die Tanzfläche in der Mitte des Clubs. Rechts und links neben der Tanzfläche, entlang den kahlen, schwarzen Wänden, verlaufen vier Schnaps- sowie eine Cocktailbar. Der Raum ist menschenleer. Dennoch spielt schon ein leiser Techno-Beat, welcher mit einer höheren Lautstärke bestimmt so manches Trommelfell zum Reißen bringen könnte. Kaum an der rechten Bar vorbei, stehe ich vor einem unscheinbaren Gitter, hinter dem sich ein kleiner Aufzug befindet. Darüber hängt ein kaum noch leserliches „Personal only“-Schild. Ich schiebe das Gitter beiseite, stelle mich in den Aufzug und drücke den Knopf mit den Buchstaben Chefetage. Mit einem Quietschen schließe ich hinter mir das schwere Metallgitter und laut rollend setzt sich der Aufzug in Bewegung. Oben angekommen wieder ein Gitter, welches ich von Hand aufschieben muss.
Ein ungewöhnlich protziger Gang liegt nun vor mir. Auf dem Boden ein roter Teppich. Wände, glänzend wie aus Gold. Und in regelmäßigen Abständen kleine Bonsai Bäumchen entlang des Teppichs. Am Ende des Gangs, wieder eine Tür. Ein komplett in schwarz gekleideter Mann geleitet mich den Gang entlang. Wir erreichen nun das Ende des Gangs, wo ich erst einmal kräftig durchatme.
Ich klopfe drei Mal an die schwere Flügeltür.
Carbon: „JA!“
Es geht los! Wieso nur bin ich vor diesem Vorstellungsgespräch so nervös? Es ist doch nur ein Job als Barkeeper und nicht als Börsenmakler. Der Mann in schwarz hält mir die Tür auf und betritt mit mir zusammen das Büro. Von innen schließt er die Tür und bleibt vor selbiger stehen, die Arme auf dem Rücken verschränkt.
Carbon: „Herr Clark, ich habe Sie bereits erwartet!“
Unmittelbar vor mir, dort wo der rote Teppich endet, steht ein schwerer dunkelbrauner Schreibtisch, auf dem ein paar Kugelschreiber, ein Brieföffner und diverse Unterlagen liegen. Dahinter sitzt ein großer und dünner, etwa sechzig jähriger, grauhaariger Mann mit Schnurrbart, der einen weißen Smoking trägt.
Carbon: „Mein Name ist Carbonélle Denno, aber nennen Sie mich doch einfach Carbon. Unschwer zu erkennen, bin ich hier der Big Boss, wenn man es so sagen will. Mir gehören abgesehen von diesem hier, noch zwei weitere Clubs. Angefangen habe ich bei null, genau wie Sie! Inzwischen bin ich mehrere Millionen schwer und ein angesehener Mann. Ihr Freund Lenny hat Sie mir wärmstens empfohlen und ich muss sagen, er hat mir nicht zu viel versprochen. Sie sind pünktlich erschienen und machen auf mich einen recht fitten Eindruck. Aber was rede ich denn so viel, erzählen Sie ruhig mal ein bisschen von sich!“
Will: „Nun ja, ich bin hier, weil ich Arbeit suche. Ich habe schon einige Zeit vorher, da wo ich her komme, als Barkeeper gejobbt und als Lenny mir nach meinem Umzug hierher von diesem Club erzählte, habe ich zugesagt. Somit bin ich nun hier und versuche einen guten Eindruck auf einen Mann zu machen, der anscheinend alles erreicht hat, was man sich nur wünschen kann, damit er mich einstellt.“
Siegessicher setze ich ein kleines Lächeln auf. So viel geschleime, das hält keiner aus. Entweder lässt er mich nun abblitzen, oder aber ich habe den Job.
Carbon beginnt zu grinsen. Das ist schon mal ein sehr gutes Zeichen, denn ich dachte bis jetzt, dass dieser Mann keinen einzigen Muskel im Gesicht hat. Seit Beginn unseres Gesprächs, habe ich noch keine Emotionen im Gesicht von Carbon feststellen können. Doch jetzt sieht er zufrieden aus. Anscheinend tut es ihm gut, wenn sein Ego ein bisschen gestreichelt wird.
Carbon: „Sie gefallen mir, Herr Clark! Doch ehrlich! Ein aufgeweckter junger Mann, genau so einer, wie wir ihn gebrauchen können. Wann wollen Sie anfangen?“
Will: „Das heißt dann wohl, ich hab den Job?!“
Carbon: „Wie ich schon sagte, ein aufgeweckter junger Mann. Wenn es Ihnen passt, seien Sie morgen, pünktlich um einundzwanzig Uhr, an der Schnapsbar. Thomas wird Sie dort ein bisschen einlernen und Ihnen alles zeigen.“
Will: „Einundzwanzig Uhr also? Ich werde da sein!“
Carbon: „Dann werde ich mir morgen mal ansehen, wie Sie sich anstellen.“



Dienstag, 24. Dezember 2013

"Bridge Club" Episode 2

Kapitel II
- Neuanfang - 

Ich öffne meine Augen. Caroline schläft noch tief und fest. Sie war gestern ziemlich fertig. Ich will mal sehen, wo man hier in der Gegend Brötchen bekommen kann. Kurzerhand ziehe ich mir meinen Jogginganzug an, steige die Treppe runter und verlasse das Haus. Ich überlege kurz, dann laufe ich los. Nach links verlasse ich unsere Hofeinfahrt. Es dauert nicht lange. Nach etwa zehn Häusern geht eine kleine Gabelung nach links weg. Ich biege ab. Weitere zehn Häuser die Straße entlang ist eine kleine Bäckerei. Dort angekommen betrete ich die Backstube. Hinter dem Tresen steht ein recht kleiner, molliger, älterer Mann, mit einer weißen Schürze. Auf seinem blau-weiß karierten Hemd sind Mehlspuren.
Bäcker: „Guten Morgen!“
Will: „Morgen!“
Bäcker: „Was darf´s denn sein?“
Will: „Ähm, vier von den Hellen, bitte.“
Bäcker: „Vier von den Hellen, alles klar. Darf´s sonst noch was sein?“
Will: „Ne, danke. Das war´s.“
Bäcker: „Ich hab Sie hier noch nie gesehen. Sind Sie erst hergezogen, junger Mann?“
Will: „Ja, gestern angekommen. Ich wohn mit meiner Verlobten in dem gelben Haus am Anfang der Straße.“
Bäcker: „Ah, das Haus der alten Frau Petty. Eine nette alte Dame. Zu schade, dass Sie kürzlich verstorben ist. Sie kam jeden Morgen zu mir.“
Will: „Das tut mir leid.“
Bäcker: „Ach, da können Sie doch nichts für.“
Will: „Hm, na dann, Herr…“
Bäcker: „Kein Herr! Einfach nur Rudolph.“
Will: „Rudolph, okay,... ich bin Will.
Was macht das zusammen?“
Rudolph: „Vier helle Brötchen, hm, für dich? Nichts!“
Will: „Nichts?“
Rudolph: „Ist geschenkt, willkommen in der Nachbarschaft!“
Will: „Hey, vielen Dank!“
Rudolph: „Keine Ursache!“
Will: „Ich muss dann auch schon wieder los.“
Rudolph: „Lass dich nicht aufhalten.“
Will: „Schönen Tag noch.“
Rudolph: „Mach‘s gut!“


Ich verlasse die kleine Bäckerei und jogge zurück. In einem Garten sehe ich ein paar wunderschöne Blumen. Keine Ahnung, was das für welche sind, aber über solche würde Caroline sich bestimmt freuen. Ich schaue mich kurz um. Gut! Keine Menschenseele weit und breit. Mit einem Satz Springe ich über den Zaun, der nicht mal einen Zwergpudel aufhalten könnte. Ich pflücke eine Blume und springe zurück. Mit der Blume in der einen und der Tüte mit den Brötchen in der anderen Hand, jogge ich nach hause.
Ich komme gerade im richtigen Moment zuhause an, um unsere erste Post entgegenzunehmen.
Postbote: „Guten Morgen!“
Will: „Morgen!“
Postbote: „Hab nichts besonderes, nur die Samstagszeitung.“
Will: „Die können Sie mir gleich geben.“
Postbote: „Schönen Tag!“
Ich nehme die Zeitung entgegen, schließe die Haustür auf und gehe hinein. Meine Schuhe stelle ich im Flur direkt unter der Garderobe ab. Ich gehe in die Küche und lege die Zeitung und die Brötchen auf die Anrichte. Die Blume stelle ich in ein Glas, welches ich direkt mit Wasser fülle. Dann schnappe ich mir ein Tablett, stelle das Glas mit der Blume darauf und fange an die Brötchen zu schmieren und zu belegen. Zwei mit Salami, zwei mit Käse, fertig! Jetzt noch ein Glas Orangensaft dazu und ich kann das Tablett zu Caroline ans Bett bringen. Sie wollte schon immer mal im Bett frühstücken, kam aber bis jetzt noch nicht dazu. Daher hoffe ich, dass ich sie damit überraschen kann.
Ich wecke sie mit einem Kuss auf die Stirn.
Will: „Guten Morgen, mein Engel.“
Caroline: „Morgen mein Schatz. Du bist aber schon früh aufgestanden.“
Will: „Schau mal, was ich hier für dich habe.“
Ich stelle ihr das Tablett mit dem Frühstück auf den Schoß.
Caroline: „Oh, das ist aber süß von dir!“
Will: „Ich bin in der Küche, wenn du mich brauchst.“
Caroline: „Okay!“
Ich lasse Caroline in Ruhe frühstücken, gehe nach unten in die Küche, öffne die Zeitung und schlage die Stellenangebote auf. Nichts. Nur irgendwelche billigen Ein-Euro-Jobs. Ich entschließe mich Lenny anzurufen. Ob er überhaupt schon wach ist? – Egal! Ich laufe zum Telefon im Flur und wähle seine Nummer. Es klingelt. Lenny nimmt den Hörer ab.
Lenny: „Jo?“
Will: „Morgen Lenny, was geht?“
Lenny: „Jo Morgen! Nix und bei dir?“
Will: „Auch nichts. Les´ grad in der Zeitung die Jobanzeigen durch. Is´ aber nur Müll drin.“
Lenny: „Hab dir doch gesagt, dass ich da vielleicht was für dich hab.“
Will: „Warum nimmst den Job denn nicht selbst? Du hast doch gesagt, dass du auch was Neues suchst.“
Lenny: „Stimmt schon, aber ich bin nicht so nachtaktiv, wie du.“
Will: „Lass mich raten ein Job in ´ner Bar?“
Lenny: „Nacht-Club! Ich dachte, da du vorher in ´ner Bar gejobbt hast, willst du vielleicht weiterhin etwas in der Richtung machen. Schließlich hatte dir das ja spaß gemacht.“
Will: „Naja, ich werd´s mir mal angucken.“
Lenny beschreibt mir noch, wie man zu dem Club gelangt, welche hier in der Gegend anscheinend sehr bekannt und angesehen ist. Für mich klingt der Name dieses Clubs allerdings eher wie eine billige Absteige.
Lenny: „Na dann lass dich da heut Abend mal blicken! Hab denen schon von dir erzählt und sie meinten, sie warten noch bis sie einen anderen einstellen.“
Will: „Wenn die extra auf mich warten, sollte ich´s nicht vermasseln.“
Ich verabschiede mich von Lenny, stelle das Telefon zurück auf die Station im Flur und begebe mich wieder ins Schlafzimmer.


Caroline hat inzwischen gefrühstückt und ist dabei sich anzuziehen. Sie steht in der Mitte des Zimmers und trägt im Moment nur einen Slip und ein T-Shirt. Am liebsten würde ich direkt über sie herfallen, aber sie hat heute ihr erstes Meeting und muss schon um 11:30 Uhr da sein.
Schade. Dann muss ich das wohl auf ein anderes Mal verlegen.
Caroline hat sich nun auch eine Hose und einen Blazer angezogen und steht im Badezimmer vor dem Spiegel.
Ich bin wahnsinnig stolz auf meine zukünftige Frau! Sie hat alles erreicht, was sie erreichen wollte. Sie hat einen festen Job, gutes einkommen und mich als Verlobten.
Bei dem Gedanken muss ich lächeln.
Ich kann mich richtig glücklich schätzen eine so erfolgreiche Verlobte zu haben!
Caroline: „Also dann, mach´s gut mein Engel und bleib anständig!“
Will: „Du kennst mich doch.“
Caroline: „Genau deswegen sag ich´s!“
Ich begleite Caroline bis zur Tür, wo wir uns einen traditionellen Abschiedskuss geben.
Will: „Komm nicht zu spät nach hause. Ich brauch heute Abend das Auto um zum Bridge Club zu fahren.“
Caroline: „Wo hin?“
Will: „Zum Bridge Club. Lenny hat da anscheinend ´nen Job für mich klar gemacht.“
Caroline: „Hey super! Das freut mich für dich. Keine Sorge, bin pünktlich zurück.“


Noch beim Reden läuft sie auf den Hof und steigt in ihren Wagen.
Kaum ist Caroline vom Hof gefahren, gehe ich zurück ins Haus, packe ein paar Klamotten und laufe ins
Badezimmer. Ich muss unbedingt Duschen, da ich bei den sechs Stunden Fahrt von gestern ganz schön ins schwitzen gekommen bin. Eigentlich sinnlos, jetzt zu duschen. Bei gefühlten 40°C in der Sonne, schwitzt man sowieso nach 10 Minuten wieder. Ich glaube solch einen heißen Sommer hatten wir schon lange nicht mehr. Als ich dann aber unter der Dusche stehe und das kühle Wasser an meinem Rücken herunter läuft, finde ich es natürlich plötzlich nicht mehr sinnlos.
Eine wahre Erfrischung ist das.
Ich wasche mir das Shampoo aus den Haaren und drehe den Duschhahn zu.
Gerade als ich mir mein Trank-Top überstreife, klingelt es an der Haustür.
Schnell schmeiße ich noch das Wattestäbchen, welches ich aus meinem Ohr ziehe in den Mülleimer neben der Toilette und verlasse das Badezimmer.
Bevor ich die Tür aufmache kann ich durch die Scheibe nebenan schon erkennen, dass es Lenny ist.
Ich öffne also die Tür.
Will: „Lenny, was für ´ne Überraschung! Ich hätte jetzt echt gedacht, du hast dich nach unserm Telefonat wieder hingehauen.“
Lenny: „Ach was, ich doch nicht. Bin morgens immer viel zu fit.“
Will: „Seit wann das denn? Na, egal!“


Lenny: „Um ehrlich zu sein konnte ich nur nicht mehr Pennen nachdem du mich geweckt hast. Dachte ich komm mal auf ´nen Kaffee und ´ne Fluppe vorbei.“
Will: „Warum nicht? Ich hab Zeit!“
Wir gehen also in die Küche, wo ich auch gleich einen Kaffee aufsetze. Mir fällt auf, dass ich mit Caroline noch gar nicht besprochen habe, ob in der Wohnung geraucht werden darf. Doch kurzerhand entscheide ich das selbst und stelle einen Aschenbecher, welchen ich aus einem der herumstehenden Umzugkartons nehme auf die Anrichte neben die Kaffeemaschine.
Lenny: „Hast du dir schon überlegt, wann du heut Abend im Club aufschlägst?“
Will: „Nein, noch nicht wirklich. Muss ja erst mal warten, bis Caroline von ihrem Meeting wieder kommt, weil ich sonst kein Auto hab.“
Lenny: „Ach klar! Hast ja kein eigenes mehr.“
Wir fangen beide an zu lachen. Es ist einfach zu komisch, wie mein Auto vor zwei Wochen zerschrottet wurde.
Will: „Was muss dieser scheiß LKW auch ausgerechnet seine Ladeklappe runterlassen, wenn ich direkt hinter ihm stehe?“
Lenny: „Du wolltest die Schrottkarre doch sowieso einstampfen lassen. So hast sogar nicht mal was bezahlt, sondern noch Geld von der Versicherung abgesahnt!“
Wir fangen wieder an zu lachen. Ich nehme die Kaffeekanne aus der Maschine und gieße Lenny und mir eine Tasse ein.
Will: „Zucker?“


Lenny: „Jap! Fünf Löffel, aber nicht umrühren, ich mag´s nicht so süß.“
Will: „Ha-ha, Idiot!“
Ich schaue Lenny skeptisch, mit hochgezogener Augenbraue an, als er sich fünf Löffel Zucker in die Tasse kippt und ohne umzurühren anfängt zu trinken.
Lenny: „Hier, ich lass eine springen!“
Er holt eine silberfarbene Schachtel aus seiner Beintasche und gibt mir eine Zigarette.
Lenny: „Spendierst du ´ne Runde Feuer? Hab keins dabei.“
Ich öffne eine Schublade der Anrichte und nehme ein Päckchen Streichhölzer heraus. Ich entzünde eins und wir machen uns die Kippen daran an. Ich lehne mich an die Anrichte, Lenny sich an den Herd der Kochinsel. Gemütlich ziehen wir an unseren Glimmstängeln und schlürfen dabei unseren Kaffee.
Will: „Ich sollte heut noch einkaufen. Kennst du hier in der Gegend ´nen Laden, wo man ohne Auto hinkommt?“
Lenny: „Weißt du wo der Bäcker ist?“
Will: „Ja da war ich heute morgen.“
Lenny: „Eine Straße weiter, also wenn du an der Bäckerei vorbei läufst und rechts abbiegst, gibt es einen 24/7 Laden.“
Will: „Alles klar! Dann werd ich da mal gucken, ob ich das Nötigste zusammen krieg.“
Lenny: „Also Grundnahrungsmittel kriegst da auf jeden Fall. Abgesehen von Bier. Apropos Bier, hast eins da?“
Will: „Du hast doch noch ´nen Kaffee?!“
Lenny: „Der wird parallel getrunken.“
Ich öffne den Kühlschrank und stelle Lenny ein Pils hin. Er nimmt die Flasche, öffnet sie mit den Zähnen und nimmt gleich ein paar kräftige Schlücke.
Will: „Das ist gerade das typische Arbeitslosenbild. Zigaretten, Kaffee, Bier und nichts anderes tun als chillen.“
Lenny: „Ist ja nicht mehr für lange. Hab nächste Woche ein Vorstellungsgespräch.“
Will: „In `ner Brauerei?“
Lenny: „Nein, in…“
Will: „Ah, in ´ner Brennerei?“
Lenny: „Sehr witzig! Nein, bei einem Gebrauchtwagengroßhändler in der Nähe vom Stadtzentrum.
Will: „Ich bin begeistert! Ist mal was ganz anderes als Hausmeister einer Grundschule. Wobei wir grad beim Thema sind, warum bist denn eigentlich gefeuert worden?“
Lenny: „Hab die Kids zum Rauchen animiert. Ich hatte Glück im Unglück! Bin grad noch so ohne Anklage davongekommen.“
Ich bin geschockt! Mein bester Freund vertickt Zigaretten an 8-jährige Kinder! Und als nächstes kommt´s noch so weit, dass er schwangeren Frauen Crack verkauft. Mir steht die Kinnlade offen.
Lenny: „Was soll´s! War ´ne scheiß Idee, weiß ich ja selbst, aber jetzt hab ich ja bald was Seriöses.“
Ich kann mir trotz Schock wegen dem Grund seines Rauswurfs kein Lachen verkneifen.
Will: „Ja, ja Gebrauchtwagengroßhändler sind sehr seriöse Menschen!“
Die Ironie in meiner Stimme ist so erschlagend eindeutig, dass auch Lenny anfangen muss zu lachen.
Lenny: „So! War cool mal wieder mit dir zu quatschen, aber ich muss jetzt dann los.“
Will: „Zigaretten verchecken?“
Lenny: „Ha ha,… Ciao – Arschloch!“
Will: „Ciao, Lenny!“


Ich schaue aus dem Küchenfenster, während ich den Rest meines Kaffees in das Spülbecken schütte. Lenny verlässt gerade die Einfahrt. Ich stelle die leere Tasse in die Spülmaschine und laufe noch mal schnell ins Schlafzimmer um meine Brieftasche und meine Haustürschlüssel zu holen. Danach verlasse ich das Haus und mache mich auf den Weg zu dem Laden, den Lenny mir beschrieben hat. Diesmal gehe ich die Strecke, die ich heute Morgen gejoggt bin. An der Bäckerei angelangt, biege ich nach rechts ab. Schon von Weitem fällt mir die Straße runter das Ladenschild auf.
Kurze Zeit später stehe ich auch schon vor einer ziemlich verschmutzten Glastür. Ich will gerade den Laden betreten, da fährt ein schwarzer Geländewagen vor und zwei Männer steigen aus. Sie tragen einen schwarzen Anzug und eine dunkel getönte Sonnenbrille. Einer der Beiden trägt einen silbernen Koffer. Ziemlich mysteriös und was wohl in dem Koffer ist? Ich laufe den Männern hinterher, die ohne mich zu beachten an mir vorbei gehen und den Laden betreten. In dem Laden riecht es seltsam und der Boden gehört auch mal wieder geputzt. Würde der Laden mal auf Hygiene geprüft werden, müsste der Besitzer bestimmt zumachen! Dabei ist das Geschäft gar nicht so groß, dass man es nicht alleine sauber halten könnte. Gleich am Eingang ist der Tresen mit einem Fließband und einer Kasse. An der Decke hängen nur Schilder von Gang 1 bis Gang 4, was nicht gerade viel ist.
Ich laufe also am Tresen vorbei und schon befinde ich mich im ersten der vier Gänge mit Lebensmitteln.
Was brauche ich eigentlich überhaupt?
Ich schaue auf die Einkaufsliste, die Caroline auf das Tischchen im Flur gelegt hatte. Müsli, Milch, Nudeln, Fertigsoße und noch einige andere Kleinigkeiten hatte sie aufgeschrieben. Ich klappere also die Gänge ab und versuche alles zu bekommen. Als ich an der kleinen Tiefkühltruhe stehe und gerade ein paar Fertigpizzen holen will, nehme ich im Augenwinkel in der hintersten Ecke des Ladens einen Mann wahr, der von einem der Anzugträger gegen einen Getränkeautomat gedrückt wird. Ich lasse mir nicht anmerken, dass ich die beiden bemerkt habe. Ich tue so, als würde ich etwas Bestimmtes suchen um ein paar Sätze ihres Gespräches mitzubekommen.
Ladenbesitzer: „Sagt ihm ich hab es noch nicht gekriegt! Aber ich besorg´s noch, versprochen!“
Mann in Schwarz: „Das hoffe ich für dich sonst muss ich…“
Wie es sich anhört, hat dieser Mann echt Probleme. Ob die Beiden zu einer Art Mafia gehören? Egal! Ich entscheide mich einzugreifen.
Will: „Kann man helfen?“
Mann in Schwarz: „Wir sind hier fertig!“
Der Anzugträger lässt von dem Mann ab, stößt mich ein Stück zur Seite und verschwindet hinter einem roten Vorhang über dem ein „Personal“-Schild hängt.
Ladenbesitzer: „Besser du mischt dich nicht noch mal ein! Mit denen ist nicht zu spaßen!“
Ich schaue den Mann kopfschüttelnd hinterher, wie er sich wieder hinter die Kasse stellt. Er hätte wenigstens danke sagen können.
Voll bepackt komme ich aus Gang 4.
Ich lege die Waren auf das Fließband und nehme eine Schachtel Zigaretten aus der Reihe, in der die verschiedenen Marken eingeräumt sind.
Dann nehme ich mir eine von den Taschen, die unter dem Tresen in einem kleinen Regal liegen.
Ladenbesitzer: „Das sind dann 14,70 €! Und 20 Cent für die Tasche!“
Ich hole meine schwarze Brieftasche aus meiner Hose, in der ich immer ein Bild meiner wunderschönen Caroline  umher trage und bezahle 15 €.
Der schwarze Geländewagen, den die beiden Anzugträger gefahren haben, steht noch immer vor der Eingangstür.
Was die wohl da drin noch machen?
Ich kann mir gar nicht vorstellen, was die von dem Ladenbesitzer wollten. Ich mache mich auf den Weg zurück nach hause. Fast ausgestorben ist diese Gegend. Bis jetzt habe ich kaum einen Fußgänger gesehen, geschweige denn überhaupt jemanden gesehen. Nur das ein oder andere Mal fährt ein Auto vorbei.
Als ich zuhause ankomme, steht Caroline´s Coupé in der Einfahrt. Sie scheint also schon wieder da zu sein.
Ich öffne die Haustür und betrete den Flur.


Will: „Hallo! Bin wieder da!“
Es kommt keine Antwort. Ich stelle die Tasche mit den Einkäufen in der Küche ab und laufe die Treppe hinauf.
Will: „Hallo?“
Caroline: „Ich bin unter der Dusche!“
Will: „Ach so, okay!“
Ich steige die Treppe wieder runter und nutze die Zeit, die ich noch habe während Caroline am Duschen ist um ein paar der restlichen Umzugskartons auszuräumen...